Landgericht Tübingen am 19.5.2014 mit Az 5 T 81/14 zur Zwangsvollstreckung von Rundfunkbeiträgen:
GEZ 2.0 - Schutzgeld soll rechtsstaatlicher werden
Zahlen Sie den neuen geräteunabhängigen "Rundfunkbeitrag"? Wenn ja, tun Sie es gerne, etwa weil Sie sich von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten objektiv informiert fühlen? Oder geht es Ihnen wie vielen Menschen: Sie tun es aus bloßer Angst vor einschneidenden Repressalien? Es gibt nämlich Menschen, die ihr Medienbudget viel lieber für andere Medien ausgeben würden, als für den dümmlichen Klamauk und die politischen Propagandasendungen von ARD und ZDF. Und die Angst ist nicht unbegründet. So sehen heute Schreiben der Vollstreckungsbeauftragten der Sender aus (folgendes Beispiel aus der Stadt Frankenthal): "...zur Vermeidung einer möglichen Sach- und/oder Lohnpfändung, Kontopfändung bzw. Beantragung von Erzwingungshaft und/oder die Durchführung einer polizeilichen Wohnungszwangsöffnung mit damit verbundenen Kosten und Unannehmlichkeiten bitten wir Sie in Ihrem eigenen Interesse um fristgerechte Vorsprache bis Mo. x.x.xxxx....Sollten Sie zur Zeit nicht in der Lage sein, den geforderten Geldbetrag in Höhe von insgesamt xxxxx zu leisten, legen Sie bitte Unterlagen Ihrer Einkommenssituation vor." Bevor ich zum Eigentlichen komme, noch ein Hinweis: Ich schrieb in der Überschrift das hässliche Wort "Schutzgeld". Ist es wirklich so schlimm mit dem Rundfunkbeitrag? Übersetzen wir diese „rechtsstaatlichen“ Drohbegriffe mal in Begriffe, die man im Zusammenhang mit der organisierten Kriminalität verwenden würde. Wer also nicht bezahlt, wird von den „Gläubigern“ mit folgenden Strafen drangsaliert: - Sach- und Lohnpfändungen, Kontopfändungen = Diebstahl, üble Nachrede, Computerbetrug - Erzwingungshaft = Geiselnahme, Freiheitsberaubung, Gewaltanwendung - Wohnungszwangsöffnung = Einbruch, Sachbeschädigung, Gewaltanwendung - Unterlagen der Einkommenssituation vorlegen = Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen - Insgesamt: Nötigung und Erpressung. Und das alles, weil man nicht für etwas bezahlen möchte, was man gar nicht haben will und dies vielleicht sogar aus guten Gründen vehement ablehnt. Daher meine Aussage, dass der Rundfunkbeitrag dem Geschäftsmodell des Schutzgeldes gleicht. Klingt schlimm, aber einen freundlicheren Vergleich kann ich nicht erblicken. Aber immerhin: Das Schutzgeld soll rechtsstaatlicher werden, zumindest was die Form der Zwangsvollstreckung angeht. Das hat das Landgericht Tübingen am 19.5.2014 mit Az 5 T 81/14 beschlossen. Im streitgegenständlichen Fall hatte der Südwestrundfunk (SWR) eine Zwangsvollstreckung in Auftrag gegeben und dabei eine Reihe von formalen Fehlern gemacht. So wurde die Rundfunkanstalt, SWR, als Gläubigerin, ohne Rechtsform und Anschrift genannt. Ausführlich dagegen die Darstellung der Anschrift und sämtliche anderen Daten des - nicht rechtsfähigen - Beitragsservice’. Außerdem fehlten sowohl eine Unterschrift als auch das Amts-Siegel. Mal unter uns: Solche Fehler dürfen nicht einmal Jurastudenten in ihrer Klausur machen. Wieso wissen die Topjuristen der Öffentlich-Rechtlichen nicht, wie man einen Vollstreckungsantrag formgerecht anfertigt? Uns Bürger auszunehmen, ist doch ihr Job! Hier nochmal für die Anstaltsjuristen zum mitschreiben. Diese Kriterien müsste ein Vollstreckungsersuchen erfüllen (Zitat aus dem oben genannten Urteil, Rn 18): „Vorausgehen
müsste ein Beitragsbescheid als formaler Verwaltungsakt, der Beitragspflicht
und Beitragshöhe feststellt bzw. festsetzt. In diesem Verwaltungsakt wäre
die Beitragsgläubigerin namentlich umfassend und korrekt anzugeben, ebenso
die Rechtsgrundlagen und der vorgesehene Rechtsbehelf. Der Bescheid selbst
müsste vorliegend somit eindeutig den Südwestrundfunk (Anstalt des
öffentlichen Rechts) als Beitragsgläubiger bezeichnen. Auf diesen Bescheid,
ggf. ergänzt um einen Rückstandsbescheid, müsste für den Beitrag als solchen
(ohne Zuschläge) das Vollstreckungsersuchen gestützt werden. Das
Vollstreckungsersuchen wiederum müsste - beim vorliegenden Inhalt -
gesiegelt und unterzeichnet sein.“ Im Ergebnis stellte das Gericht fest, dass die Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung nicht vorliegen (Rn 7). Wer jetzt aber hofft, dass sich mit so einem Gerichtsbeschluss irgend etwas am neuen Rundfunkbeitrag ändert, irrt. Dieser Beschluss erhielt sehr viel Aufmerksamkeit in den Netzforen. Nun stellt sich allerdings die Frage, was uns das als Bürger tatsächlich nützt. Unterm Strich: so gut wie nichts. Die Anstalten müssen künftig nur Ihre Vollstreckungsanträge und Bescheide sauber gestalten. Auch im vorliegenden Fall kommen sie ja noch an das Geld des Bürgers, da die Feststellung der Richtigkeit einer „Beitragsschuld“ ja nicht Gegenstand des Verfahrens war und die Forderungen noch nicht verjährt sind. Der SWR braucht also nur einen neuen, gültigen Bescheid für die selbe Forderung ausstellen und diesen dann - diesmal formgerecht - durchsetzen. Ein kleiner Lichtblick befindet sich aber noch im Beschluss: „Grundsätzlich setzt die Fälligkeit eines öffentlich-rechtlichen Beitrags einen Beitragsbescheid als Verwaltungsakt voraus. Zwar beginnt die materielle Beitragspflicht, sobald die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Eine Zahlungsverpflichtung kann jedoch nur durch Beitragsbescheid geschaffen werden“. (Rn 15) Dies bedeutet, dass ein Säumniszuschlag, der bereits mit Zustellung eines Bescheides erhoben wird, unzulässig ist - denn vorher gibt es ja gar keine Zahlungsverpflichtung. Der Säumniszuschlag kann erst bei der Rechtswirksamkeit des Bescheides erhoben werden, also wenn z.B. die Widerspruchs- oder Klagefrist ungenutzt verstrichen ist oder ein Urteil vorliegt. Sollen wir jetzt eigentlich glauben, dass in diesem Staat Unrecht - und sei es nur durch einen Formfehler - sofort von einem „unabhängigen“ Gericht ausgemerzt wird? Dieser Gerichtsbeschluss kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass das wahre Unrecht vom Rundfunkbeitrag selbst ausgeht. Und die bisherigen Urteile zum eigentlichen Thema rochen eher nach Rechtsbeugung. Wir sollten uns aber nicht nur darüber ärgern, sondern kämpfen!
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